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Call for Papers der Zeitschrift „Hochschulmanagement“ für das Themenheft 2/2024
„Autonomie staatlicher deutscher Hochschulen“

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Das Schlagwort der Hochschulautonomie ist spätestens seit dem Einzug des New Public Management (NPM) in die Governance des deutschen Hochschulsystems ein Dauerbrenner der wissenschaftspolitischen Debatte. Mit dem NPM sollten die Hochschulen auf der Basis einer hybriden Governance-Struktur aus Management- und Selbstverwaltungselementen mehr Autonomie erhalten (Bogumil u.a. 2013), um ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Grundsätzlich wurden im Zuge dieser Reformen – sieht man von zahlreichen Unterschieden im Detail ab – die Leitungen gestärkt, die Selbstverwaltungsgremien geschwächt sowie der Wettbewerb, vor allem in der Forschung, akzentuiert. Darüber hinaus kam es zur Einrichtung von Hochschulräten als „Quasi-Aufsichtsräten“, und die bisherigen Input-Kontrollen wurden durch Output-Kontrollen ersetzt.

Allerdings ist strittig, ob die im Ländervergleich uneinheitliche und z.T. nur partielle Umsetzung dieser Veränderungen auf der Gesetzesebene tatsächlich mit einem relevanten Zugewinn an Autonomie für die Hochschulen oder nur mit einem Formwandel der staatlichen Kontrollen verbunden war.

Die Ambivalenz des Begriffs der Hochschulautonomie zeigt sich organisatorisch in der doppelten Rechtsnatur der staatlichen Hochschulen: Sie sind in der Regel Körperschaften des öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtungen, die ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbständig und eigenverantwortlich regeln (davon abweichend definiert das Landeshochschulgesetz NRW in §2 die Hochschulen als vom Land getragene, rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts. Zu verweisen ist ferner auf Stiftungshochschulen z.B. in Niedersachsen). Dies bedeutet, dass sie ihre Geschicke grundsätzlich selbst in die Hand nehmen dürfen, zugleich aber als Einrichtungen des Staates dessen Vorgaben unterliegen. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Verständnis des Begriffs der Hochschulautonomie sind nicht zuletzt Gegenstand rechtswissenschaftlicher Debatten um die Reichweite normativ gewährter Autonomie, die durch die Reformen im Zuge des NPM neu belebt wurden und bis heute sowohl auf verfassungs- wie einfach-rechtlicher Ebene geführt werden.

Zum Themenfeld gehören ferner die zwischen den Wissenschaftsministerien und den Hochschulen ausgehandelten Zielvereinbarungen: Die Vereinbarungen stützen sich in der Regel auf mehrjährige Entwicklungspläne der Hochschulen. Charakteristisch ist, dass in den Hochschulgesetzen ausdrücklich von „Zielvereinbarungen“ (und nicht von „Zielanordnungen“) die Rede ist, d.h. es wird formal von einer gleichberechtigten Rolle der Länderministerien und der Hochschulen ausgegangen. Allerdings sind die Vereinbarungen für die Hochschulen keineswegs freiwillig und werden im „Schatten der Hierarchie“ geführt. Dies wird von den Länderministerien begrüßt, von der Mehrheit der hochschulischen Akteure dagegen kritisiert und dahingehend kommentiert, dass der Staat „eben am längeren Hebel“ sitze (König 2021, S. 161ff). Allerdings variiert die Einflussstärke der Verhandlungsbeteiligten je nach Gegenstandsbereich: Während im Bereich der Ordnungsaufgaben (z.B. Zulassungsbedingungen von Studiengängen), sofern diese nicht ohnehin gesetzlich geregelt sind, der Einfluss der Länder dominant ist, fallen die Einflusschancen von Hochschulen und Ländern in Bezug auf Angelegenheiten von Lehre und Studium tendenziell ähnlich aus, während die Hochschulen im Bereich der Forschung eine stärkere Position einnehmen.

Schon diese kursorischen Beobachtungen zeigen, dass eine Antwort auf die Frage, wie autonom die staatlichen deutschen Hochschulen sind und wie sich die Konsequenzen dieser Autonomie einschätzen lassen, in differenzierter Form gegeben werden muss.

Aus diesem Grund soll die Autonomie der staatlichen deutschen Hochschulen im geplanten Heft 3/2024 der Zeitschrift Hochschulmanagement aus verschiedenen Perspektiven thematisiert und im Hinblick auf ihre Voraussetzungen, ihre Ausprägung und ihre Effekte betrachtet werden. Willkommen sind Beiträge aus Forschung und Praxis sowie aus unterschiedlichen disziplinären Blickwinkeln. Neben Analysen der rechtlichen Rahmung und Ausgestaltung von Hochschulautonomie und Selbstverwaltung sind vor allem die Interaktionen der Hochschulen mit ihren Umfeldakteuren, die darin wirksamen Einflusspotenziale und die sich daraus ergebenden Folgen von Interesse – zum Beispiel mit Blick auf das Zustandekommen und die Ergebnisse von Zielvereinbarungen.

Thematisch können unter anderem die folgenden Akzente gesetzt werden:

  • theoretisch orientierte Beiträge zu Diskurs und Konzept der Hochschulautonomie in Deutschland,

  • Untersuchungen zur Rolle der Hochschulautonomie für die Hochschulgovernance der letzten Jahrzehnte (insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der hochschulgesetzlichen Grundlagen),

  • Beiträge zur normativen Ausgestaltung der Hochschulautonomie,

  • empirische Studien zu den Ausprägungen und Wirkungen von (Elementen der) Hochschulautonomie auf der Ebene einzelner Länder oder Hochschulen (unter Berücksichtigung der Handlungsorientierungen und -muster der involvierten Akteure),

  • ländervergleichende Untersuchungen zur Hochschulautonomie - beispielsweise zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden ihrer Ausgestaltung in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

 

Artikel können bis zum 17. April 2024 eingereicht werden. Bitte senden Sie Ihr Manuskript zusammen mit einem kurzem englischsprachigen Abstract an Prof. Dr. Bernd Kleimann (kleimann@dzhw.eu) und Prof. Dr. Wilfried Müller (wmüller46@t-online.de) als die für dieses Schwerpunktheft verantwortlichen Mitglieder des Herausgeberkreises der Zeitschrift „Hochschulmanagement“.

Die Artikel dürfen nicht länger als 30.000 Zeichen mit Leerzeichen sein. Bitte beachten Sie in jedem Fall die Hinweise für Autorinnen und Autoren auf der Website des UVW.

 

Literatur

Bogumil, J./Burgi, M./Heinze, R. G./Gerber, S./Gerber,  D./Jochheim, L./Schickentanz, M. (2013): Zwischen Selbstverwaltungs- und Management-Modell: Umsetzungsstand und Bewertungen der neuen Steuerungsinstrumente in deutschen Universitätsinstrumente. In:  E./Jansen, D./Jarren, O./Rip, A./Schimank, U./Weingart, P. (Hg.): Neue Governance der Wissenschaft: Reorganisation – externe Anforderungen - Medialisierung. S. 49-71. Bielefeld: transcript.

König, K. (2021): Macht und Verständigung in der externen Hochschulsteuerung. Verhandlungsmodi in Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschule. Bielefeld: UVW Verlag

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